Dass Profi-Triathletin Daniela Bleymehl 2021 sportlich ein wenig auf die Bremse treten musste, hatte einen fabelhaften Grund: die Geburt ihres zweiten Kindes. Im September kehrte die sportingWOMEN-Markenbotschafterin zurück an die Startlinie. Wie das für sie war, hat sie uns kurz darauf im Interview verraten.
Eigentlich gehört Sport zum Alltag von Daniela Bleymehl. In der Vorbereitung auf ihre Triathlon-Wettkämpfe (z. B. Langdistanz: 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren, 42 Kilometer laufen) stehen sonst auch mal mehr als 20 Stunden Training pro Woche auf dem Plan. Gemessen daran mag ihr aktueller Trainingsumfang von rund 12 Stunden zum Zeitpunkt des Gesprächs gering wirken. Allerdings nur bis zu dem Moment, in dem man erfährt, dass Daniela erst vor wenigen Monaten zum zweiten Mal Mama geworden ist – und ihr Training aktuell zwischen Windelnwechseln und Stillzeiten organisiert. Chapeau!
Dass diese Herausforderung der Motivation keinen Abbruch tut, beweist ein Blick auf das, was seit der Geburt der kleinen Alicia im Juli passiert ist. Seit August ist Dani zurück im Profi-Training. Behutsam, aber mit einem klaren Ziel vor Augen: 2022 soll es zurück auf das ganz große, pardon, lange Race-Parkett gehen. Als stolze Zweifach-Mama, die zwar in erster Linie ihre Familie zum Glücklich-Sein braucht, aber eben auch den Ausgleich durch ihre große Leidenschaft: den Triathlon.
Challenge Roth: Viel mehr als nur ein Neustart
Besagte Leidenschaft ist ungebrochen – das zeigte sich zuletzt im September im Rahmen des Challenge Roth. Hier schnupperte die Profi-Sportlerin zum ersten Mal seit fast zwei Jahren Wettkampf-Luft. Schließlich war der schwangerschaftsbedingten Race-Abstinenz ja Corona und damit eine Saison ohne Wettkämpfe vorangegangen. In der Staffel für einen ihrer Hauptsponsoren Erdinger Alkoholfrei zu schwimmen, war aber noch aus einem ganz anderen Grund besonders: 2018 hatte sie den Klassiker im Frankenland gewonnen – und sich damit in Roth einen sportlichen Lebenstraum erfüllt.
Doch wie fühlt es sich für einen Profisportler nach so langer Pause an, wieder an der Startlinie zu stehen? Und welchen Tipp teilt die sportingWOMEN-Markenbotschafterin besonders gerne mit anderen Mamas, die (wieder) sportlich aktiv werden möchten? Wir haben nachgefragt …
sportingWOMEN: Wie war dieser erste Quasi-Race-Day mit Baby für dich?
Daniela Bleymehl: Sagen wir es mal so: Es war gut zum Üben (lacht), denn wie ein Wettkampf hat es sich nicht angefühlt. Es war toll, wieder die Atmosphäre mitzubekommen, die Nervosität in den Augen der Athleten zu sehen, alte Routinen wieder umzusetzen. Aber wenn es ein ernstes Rennen gewesen wäre, in dem es wirklich um etwas gegangen wäre, hätte vieles anders laufen müssen. Auch der Tag vorher war schon ein guter Reminder daran, dass man mit Kindern einfach anders planen muss. Es kostet viel mehr Energie, mit Baby im Schlepptau so ein Race-Weekend zu managen. Gerade der typische Termin-Wahnsinn vor dem Rennen muss dann gut überlegt sein, weil man einerseits den Sponsoren etwas zurückgeben möchte und natürlich auch Spaß an dem ganzen Trubel hat, andererseits aber eben auch noch die Mamapflichten hat.
„Ab jetzt ist eben ein kleiner Fan mehr dabei!“
Daniela Bleymehl
Welches Gefühl nimmst du vom ersten Race mit ins Training?
Daniela Bleymehl: Ich weiß auf jeden Fall, dass künftig wieder einige Freiwasser-Einheiten mehr auf dem Programm stehen müssen. Schon vor der Schwangerschaft war das alles etwas zu kurz gekommen. Dafür nehme ich die Gewissheit mit, dass ab jetzt eben ein kleiner Fan mehr dabei ist (lacht).
Hat es sich denn gut angefühlt, wieder dieses typische Pre-Race-Kribbeln zu spüren?
Daniela Bleymehl: Kurz vor dem Start hat Haddi Thöne, der Moderator, mich als „Roth-Siegerin 2018“ angekündigt – da habe ich Gänsehaut bekommen. Normalerweise bin ich sehr auf mich fokussiert, aber diesmal habe ich auch die anderen Starter mehr beobachtet. Die Stimmung, die in der Luft lag, war einfach schön.
Nimmst du aus dieser ersten Race-Erfahrung auch Motivation für das Training in den kommenden Wochen mit?
Daniela Bleymehl: Auf jeden Fall! Natürlich hat niemand etwas erwartet, ich habe auch überhaupt keinen Druck von außen bekommen – aber ganz freimachen kann man sich von den eigenen Erwartungen eben auch nicht. Ich hätte auch zehn Minuten langsamer sein können. Aber da meine Schwimmzeit dann sogar solide war, obwohl ich erst dreieinhalb Wochen wieder im Training bin, motiviert mich das umso mehr, auch in den kommenden Wochen Vollgas zu geben.
Hast du durch die Schwangerschaft noch einmal gemerkt, wie sehr du diesen Sport liebst?
Daniela Bleymehl: Ich frage mich grundsätzlich regelmäßig, ob das, was ich tue, mich noch erfüllt. Denn natürlich gibt es auch bei mir Tage, an denen es einfach nur mein Job ist. Gerade im ersten Corona-Jahr habe ich viel nachgedacht und oft gezweifelt. Mich hat die Situation sehr runtergezogen, anderen fiel der Umgang damit leichter. Während der Schwangerschaft habe ich – wie damals bei meiner ersten Schwangerschaft – gespürt, wie sehr mir mein normaler Trainingsalltag fehlt und wie sehr ich den Sport liebe.
War der Neustart im Training diesmal also anders als nach deiner ersten Schwangerschaft vor mehr als zehn Jahren?
Daniela Bleymehl: Es liegt vermutlich an den zehn Jahren mehr, dass ich diesmal mit einem ganz anderen Stolz und Bewusstsein für die Leistung meines Körpers ins Training gestartet bin. Im Vergleich zu meiner ersten Schwangerschaft mit Anfang 20 bin ich diesmal viel beeindruckter davon, dass mein Körper ein kleines, gesundes Wesen auf die Welt gebracht hat. Das vergisst man bei dem ganzen Sport schnell. Solange es gut läuft, hinterfragt man nicht, was der eigene Körper da eigentlich leistet. Aber wenn man dann beispielsweise durch eine Verletzung ausgebremst wird, bekommt man wieder zu spüren, dass das eben alles andere als selbstverständlich ist …
Was erwartest du denn von dir selbst?
Daniela Bleymehl: Ich würde ungern in ein paar Jahren zugeben müssen, dass ich es nicht versucht habe, an die alte Leistung anzuknüpfen. Natürlich habe ich jetzt noch nicht alles gewonnen und viele Rechnungen sind noch offen, aber ich muss niemandem mehr etwas beweisen – und das ist schon einmal ein Vorteil gegenüber der Situation nach der ersten Schwangerschaft. Meine Motivation ist jedenfalls ungebrochen.
„Im Vergleich zu meiner ersten Schwangerschaft mit Anfang 20 bin ich diesmal viel beeindruckter davon, dass mein Körper ein kleines, gesundes Wesen auf die Welt gebracht hat.“
Daniela Bleymehl
Mit welchen Erwartungen wirst du denn innerhalb der Szene konfrontiert?
Daniela Bleymehl: Mit ganz unterschiedlichen: Die einen wundern sich, warum ich nicht 2021 noch irgendwo an der Startlinie stehe, die anderen finden selbst 2022 zu früh. Das richtige Timing liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Ich möchte den Sport ja noch ein paar Jahre gesund ausüben können. Außerdem gibt es eben auch noch ein paar andere Dinge im Leben, die Aufmerksamkeit brauchen. Wenn ich 24 Stunden Zeit für mein Training und die Regeneration hätte, könnte ich sicherlich schon in drei Monaten eine Langdistanz machen. Aber mir geht es vor allem um einen gesunden Aufbau – und das gerade jetzt mehr denn je.
Was gibst du anderen Frauen, die nach der Schwangerschaft wieder aktiv werden wollen, mit auf den Weg?
Daniela Bleymehl: Viele Schwangere haben vor allem Angst. Angst, dass eben nicht mehr alles so wird wie vorher. Dazu kann ich nur sagen: Es wird sogar ganz sicher anders, als man es sich vorstellt – das muss aber nichts Negatives bedeuten. Sicherlich muss man da zwischen Profi- und Hobbysportlerinnen unterscheiden, wie man das Training gestaltet und wie schnell man wieder in Form sein will, beziehungsweise ja auch sein muss. Aber ich finde, es gibt absolut keinen Grund, warum man nicht aktiv zurückkommen sollte.
Einer der häufigsten Sätze, die man als Mama zu hören bekommt, ist „Vergleich dich nie mit anderen!“. Aber Hand aufs Herz: Hast du dich in den letzten Monaten auch mal dabei erwischt, dich selbst mit anderen Sportler-Mamas zu vergleichen?
Daniela Bleymehl: Natürlich habe ich schon geschaut und vor allem gestaunt, was bei anderen vermeintlich möglich ist. Und natürlich habe ich dann festgestellt, dass bei mir vieles anders ist (lacht). Davon kann auch ich mich nicht ganz freimachen. Ich schaffe es in solchen Momenten zum Glück meistens sehr schnell, mich wieder auf meinen eigenen Weg zu konzentrieren. Vielleicht auch, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass das schon einmal gut funktioniert hat – und genau das kann ich anderen Mamas auch nur ans Herz legen: Habt Vertrauen in euch selbst und euren eigenen Weg.
Bild: (c) Marcel Hilger für Incylence